Samstag nachmittag. Schon seit Tagen hänge ich hier herum und werde ignoriert. ich bekomme schon langsam Druckstellen. Meine Aufgabe ist glasklar: die Unterhaltung anderer. Leider bin ich dieser Aufgabe schon länger nicht mehr gerecht geworden. Warum ignoriert man mich? Ich bin doch ein Premium-Produkt! Viel Bass, klare Höhen und saubere Mitten. Sogar die Umgebungsgeräusche schirme ich souverän ab, was will man denn bitte mehr? Aber nein, kein Klang ertönt meinen Hörmuscheln.
Es fängt langsam an zu dämmern und da passiert es. Jemand setzt sich an den Schreibtisch. Ich hoffe auf mein großes Comeback, rücke mich auf meinem Echtholz-Halter zurecht, drehe mich in Pose so das man garnicht anders kann, als mich aufzusetzen. Der Blick geht häufiger zu mir. Es kribbelt richtig in meinen Akkus (und ich hoffe, es ist nicht nur die Rest-Akkuladung, die langsam entweicht). Da! Eine Hand bewegt sich zu mir! Ich sehe strahlen und Euphorie in den Augen, jetzt wird es gleich passieren… Und sie griff an mir vorbei und wollte nur ein Stift aus dem Stifthalter nehmen. Ich wurde sogar unsanft beiseite geschoben weil ich im Weg hing. Frechheit, als wenn der Stift etwas besseres ist als ich. Was kann der schon? Nur eine einzige Farbe auf ein Blatt Papier bringen, da habe ich doch deutlich mehr Möglichkeiten. Aber vielleicht ist zu viel garnicht gewünscht, sondern etwas einfaches reicht bereits aus?
Draussen wird es dunkel und ich sehe wie der Tisch verlassen wird. Das Licht wird ausgeschaltet und ich sitze im dunkeln. Wieder einmal. Ganz alleine. Durch meine eingebauten Mikrofone höre ich im Nebenraum Geräusche und Geraschel. Plötzlich geht ein blendender Blitz durch den Raum. Die Tür schwang ein Spalt auf und jemand hastet in den Raum. Ich werde von meinem Halter gehoben und: endlich. Ich habe wieder Ohren unter mir. Man hat mich nicht vergessen. Ich habe eine Aufgabe und ich werde sie erfüllen. An meinem Schalter werde ich aktiviert, und mit aufgeregter Stimme teile ich mit, das ich aktiviert bin und bereit zum verbinden. Noch im Satz werde ich unterbrochen dein ein alter Bekannter ruft nach mir, das Smartphone. Ich stoppe mitten in meinem Satz, wir reichen uns die Hände und rufe, das ich mit einem Gerät verbunden bin.
Wir gehen hinaus in die kalte, dunkle Nacht. Wohin, weiß ich nicht. Aber es ist nicht so wichtig. Ich beginne, sanfte Musik zu singen.
Nach ein paar Schritten flüstere ich, das mein Akku fast leer ist und ich aufgeladen werden möchte. Schließlich möchte auch ich gut behandelt werden.